Marketing 3.0 – die neue Dimension des Marketings: Eine neue Dimension der Werbeträger (4. Teil)

Veröffentlicht am von

Patrick-PotthoffEine neue Dimension der Werbeträger

Zeitpunkt: 2012
Ort: München
Keine Fiktion, sondern Realität

Der FC Bayern München rief am 26.01.2012 seine Fans dazu auf, deren Facebook-Seite um 14:00 Uhr zu besuchen. Begründung: Ein hochkarätiger Neuzugang sollte via Pressekonferenz präsentiert werden. Die Fans reagierten jedoch alles andere als erfreut, als ihnen etwas anderes präsentiert wurde. Es handelte sich um eine Werbeaktion für die neueingeführte App. Schon kurz darauf verfasste der FCB eine Entschuldigung, um die Fans (über 3.600 hauptsächlich negative Kommentare innerhalb weniger Stunden) zu besänftigen.

FC Bayern München Facebook-Nachricht

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ein Paradebeispiel dafür, wie „Marketing“ bzw. „Kommunikation“ nach hinten losgehen kann – unabhängig von der Qualität der App, die zweifelsohne sehr hoch ist. Wenn Vertrauen gebrochen wird, entsteht Widerstand. Das haben wir ja schon gestern festgestellt.

 

Zeitpunkt: 2012
Ort: Dortmund
Keine Fiktion, sondern Realität

Der BVB zeigte wenige Tage später, wie man die Kraft der Masse richtig nutzt. Der Konkurrent aus dem Pott kündigte eine exklusive Nachricht auf dieselbe Weise an:

BVB Facebook-Nachricht

 

 

 

Die Fans spekulierten und griffen in ihren Kommentaren vor allem die verunglückte Aktion vom FC Bayern auf. Um 12.30 Uhr wurde die Vertragsverlängerung von Michael Zorc und Jürgen Klopp verkündet.

Die Moral von der (wahren) Geschicht‘

Marketingaktionen können noch so perfekt sein, wenn sie nicht in der Lage sind, die Kraft der Masse für sich zu nutzen. Der BVB bewies in dieser Aktion Fingerspitzengefühl und ein Gespür für „das richtige zur richtigen Zeit“. Die Aktion sorgte für positive Aufmerksamkeit in den sozialen Medien und diente als Beleg dafür, dass Kontrollverlust auch als positiv verstärkendes Werkzeug eingesetzt werden kann.

Kontrollverlust?

Philip Kotler beschreibt es in seinem Buch treffend:

 „Unternehmen, die Marketing 3.0 einführen, müssen sich damit abfinden, dass es fast unmöglich wird, die Marke zu kontrollieren. Die Markenmission wird zu ihrer Mission. Den Unternehmen bleibt nichts übrig, als ihre Handlungen auf diese Mission abzustimmen.“

Und wie bekämpft man diesen Kontrollverlust? Es geht darum, die richtigen Impulse  in das Gespräch zu geben. Wenn es authentisch ist und die richtige Resonanz erzeugt wird, betreibt man Marketing, aber die Fans erleben nur die Wirkung. Der Schlüsselsatz ist folgender: Alles, was als Marketing wahrgenommen wird, scheitert gnadenlos.

Marketing braucht niemand

Marketing: Das ist doch ohnehin eine Disziplin, die kaum jemand für notwendig hält. Wer braucht schon Marketing? Die Vorurteile:  Klatschpappen? Will kein Mensch haben. Werbung? Ich bin doch eh‘ schon Fan. Dauerkartenaktion? Haut lieber das Runde ins Eckige.

Marketing ist das ungeliebte Kind eines Fußballvereins, dabei wird es völlig falsch verstanden. Es ist mehr als Klatschpappen und Werbung – und deshalb so notwendig. Und das zeigt unter anderem die Geschichte von der verunglückten Aktion der FCB-App.

„Marketing ist nicht das überreden, sondern das begeistern“

Das Begeistern der Zielgruppe – sei es Fans, Kunden oder Verbrauchern. Denn diese Menschen sind die wahren Werbeträger. Sie vertrauen sich gegenseitig mehr als dem (Fußball-) Unternehmen:

„Verbraucher betrachten Mundpropaganda zunehmend als neue, glaubwürdige und verlässliche Form der Werbung.“

Die Kraft der Masse ist stärker als die Kontrolle einer jeden Marketingabteilung. Philip Kotler gibt daher folgende Empfehlung:

„Üben Sie nicht zu viel Kontrolle über die Verbrauchergemeinschaft aus, sondern lassen Sie sie ihre Marketingaufgaben übernehmen. Bleiben Sie einfach ihrer Marken-DNS treu. Marketing 3.0 ist das Zeitalter horizontaler Kommunikation, in dem nicht vertikale Kontrolle greift, sondern nur Ehrlichkeit, Originalität und Authentizität.“

Der reinen Werbung wird immer weniger Vertrauen geschenkt. Das ist nicht nur eine Behauptung, sondern wird so auch von der Nielsen Global Survey bestätigt. Marketing und Werbung funktioniert in Marketing 3.0 anders. Die emotionale Ebene ist entscheidend:

„Der berühmte Drehbuchautor Robert McKee glaubt, dass es nur zwei Möglichkeiten gibt, Menschen zu überzeugen: Entweder setzt man ihnen Ideen vor und unterfüttert sie mit Fakten und Zahlen, um sie in eine intellektuelle Diskussion zu verwickeln oder – die seiner Ansicht nach effektivere Alternative – man schreibt um die Idee herum eine überzeugende Geschichte, um sie auf emotionaler Ebene zu packen. Jobs begann stets mit einer Story, erst dann ging er zu den Produktdetails über.“

Und wie schafft man es, „das richtige“ und „emotionale“ ins Gespräch zu bringen? Es ist eine Mischung aus Fingerspitzengefühl und dem richtigen Gespür. Das hatte der FC Bayern München in dem Fall nicht. Der (negative) Shitstorm ist geboren.

Doch wenn dieses Fingerspitzengefühl vorhanden ist, dann fungieren die Anhänger des Vereins als Werbeträger. Im besten Fall wird ein positiver Shitstorm ausgelöst. Ein Blümchenstorm sozusagen. Kontrollverlust kann also Katastrophe oder Glücksfall sein. Je nachdem, wie man es angeht.

Marketing 3.0 hat die Aufgabe, Marketing und Werbung dorthin zu verlagern, wo sich die neuen Werbeträger versammeln und den Kontrollverlust positiv für sich zu nutzen. Für einen Fußballverein sind das neben den eigenen sozialen Medien, vor allem die autonomen und unabhängigen Plattformen der Fans: Fan-Foren, Gruppen etc..

Diese Plattformen sind Teil der Gemeinschaft, auch wenn sie nicht kontrolliert werden können. Ein Verein muss sie für sich gewinnen, sonst ist er außen vor.  Und genau darum geht es morgen: Eine neue Dimension der Vergemeinschaftung.

 

Über den Gastautor

Patrick Potthoff studierte BWL an der FH Bielefeld (Schwerpunkt Marketing) und absolvierte eine Weiterbildung zum Sportmarketing-Manager am IST-Studieninstitut. Der ausgebildete Industriekaufmann beschäftigte sich im Rahmen seiner Bachelorarbeit mit der identitätsorientierte Markenführung bei Borussia Dortmund und bloggt neben seinem berufsbegleitenden MBA-Sportmanagement Studium an der Friedrich Schiller Universität Jena aktiv unter: www.3hundertsechzig.com.

Kontakt und Fragen an Patrick Potthoff potthoff.patrick@gmx.de.

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